Die neuen Sinnsucher

So heißt der Artikel über Sabbaticals in der Wirtschaftswoche, für den ich vor ein paar Wochen interviewt wurde. Er ist bereits in der Ausgabe vom 12.05. erschienen – irgendwie hab‘ ich das wohl verpasst (an dem Tag war aber auch wieder viel los 😉).

Online ist er hier zu finden. Den Text der Bildredaktion habe ich übrigens nicht freigegeben, nur falls Ihr Euch wundert…ich trage natürlich immer noch Fliege.

Jetzt gerade pendle ich das letzte Stück mit dem RE42 nach Hause und bin wieder so im „hier-jetzt-gut Flow“. Das lange Wochenende war perfekt, von allem ein bisschen (von manchem ein bisschen zu viel) und nächste Woche geht es endlich wieder ans Meer – dort und in bester Begleitung lässt sich der zu erwartende „vor einem Jahr ging mein Sabbatical los Blues“ bestimmt gut aushalten und vielleicht sogar genießen. Sowas ist auch mal dran. 

Liebliches Ahrens-Ahrenshoop

Mein Sabbatical ist nun schon ziemlich lange vorbei und ebenso lange habe ich hier nichts mehr geschrieben. Ich habe öfter mal den ein oder anderen Artikel angefangen, fand den Kerninhalt „Arbeit ist doch irgendwie doof, die Ferien waren schöner!“ jetzt allerdings nicht so aussagekräftig und reflektiert, dass eine Veröffentlichung gelohnt hätte. Ihr merkt schon, das Zurückkommen und wieder Einleben war nach der ersten Wiedersehensfreude dann doch ein durchaus fordernder Prozess, vermutlich für alle Beteiligten.

Zum Ende des Sabbaticals habe ich ja mal zusammengefasst, was aus meiner Sicht das Tolle daran war und mir zum Ziel gesetzt, das ein oder andere vom Sabbatical-Gefühl mit in den (Arbeits)Alltag zu nehmen. Ich kann jede romantische Vorstellung von „da ist man bestimmt erst einmal total entspannt“ bis „man schwelgt ständig in den schönsten Erinnerungen“ komplett vom Tisch wischen…nein ist man nicht und tut man nicht…ich zumindest nicht.

Keine Frage, mit dem richtigen Auslöser bzw. Trigger bin ich auch wieder ganz schnell auf Hawaii – „Habe ich da nicht das und das Lied gehört?“, oder auf Koh Tao, wenn ich keine Lust auf Treppen steigen habe und denke „immerhin ist es nicht 1000°C heiß und du kannst hier nicht einkrachen und wirst aufgespießt also geh‘ jetzt da hoch“, oder in Seoul, wenn ein Freund gerade da war und wir ein bisschen über Südkorea quatschen können, oder irgendwo anders, wenn ich meine Reisetasche bei einer Dienstreise im Hotel aufklappe und sie immer noch nach den Trocknertüchern riecht. Wenn ich mich ganz bewusst erinnern möchte, funktioniert das hervorragend, aber im Alltag denkt sich eben auch der längste und schönste Urlaub einfach weg. Hätte ich auf der einen Seite nicht gedacht, auf der anderen Seite ist es aber auch gut, dass man immer noch funktioniert – im positivsten Wortsinn.

Am nachhaltigsten hat mich ja das Freiheitsgefühl beeindruckt und inzwischen konnte ich mir ganz gut klarmachen, wie viele Freiheiten ich so im täglichen Leben habe und das tut schon jede Menge für meine Zufriedenheit. Ein nicht unwesentlicher Faktor ist sicher Mobilität bzw. Flexibilität. Das wird von mir beruflich erwartet, bietet aber auch den aus meiner Sicht unschlagbaren Vorteil, dass ich zwar meist in Bochum, aber eben auch mal in Berlin, Köln, Stuttgart oder Dülken arbeiten kann, ohne jedoch ständig unterwegs zu sein. Hier hat sich zudem aus im Grunde total ärgerlichen und frustrierenden Situationen heraus – das Papamobil ging (gleich zweimal) kaputt und die Bahn hat im Winter ihren Fahrplan geändert so dass zu einer eh‘ schon furchtbaren Pendlerzeit von etwas über 3 Stunden täglich noch einmal rund 40 Minuten dazu gekommen wären –  etwas richtig Gutes ergeben: ein neues Auto (mit einer Tankfüllung für rund 55€ fahre ich jetzt 1.000 km!) und eine Bahncard 100. Klar ist Pendeln immer noch anstrengend und auf die Deutsche Bahn angewiesen zu sein eine Katastrophe, aber immerhin kann ich mich jetzt spontan entscheiden, ob ich auf RE, ICE oder in der Bahnlounge warte oder eben das Auto nehme, was jetzt deutlich günstiger und dank ein paar PS mehr auch angenehmer ist als vorher. Freiheit im gelebten Alltag, die auch als solche erkannt und geschätzt wird.

Nach einem knappen halben Jahr wieder zurück, Weihnachten, Geburtstag und Karneval, vielen Höhen aber auch den ein oder anderen Tiefen kann ich inzwischen jedenfalls voller Überzeugung sagen: „Ich bin wieder angekommen!“…

…und fahre gleich mal wieder weg. Nur für ein langes Wochenende, aber auch wieder an einen mir vollkommen unbekannten Ort: Das Nordseekind fährt an die Ostsee. Übrigens noch so etwas, was ich unbedingt weitermachen möchte, und wo die BC100 sicher hilfreich ist: neue Orte erkunden.

Die Ostsee also. Und weil ich von verschiedenen Seiten schon so viel darüber gehört habe, nach Fischland, genauer nach Ahrenshoop. Ich bin Nordseekind, weil man von Dülken aus eben in knapp 3 Stunden da ist und ich schon unzählige Urlaube, Wochenenden und Tage dort verbracht habe. Die Anreise nach Ahrenshoop einmal quer durch die Republik ist da schon etwas länger, aber durchaus nicht unentspannt, obwohl ich mit der Bahn reise. In Rostock hole ich meinen Mietwagen – einen schrecklichen Opel Mokka – mit dem ich aber das ganze Wochenende nur von Rostock zum Appartement, einmal einkaufen und wieder zurück nach Rostock fahre.  Was ganz praktisch ist, man fährt aus Rostock raus auf die B105, ca. 20 km geradeaus, biegt einmal links ab und nach weiteren 20km ohne Abbiegen ist man schon in Fischland.

Mein Aparthotel ist gegenüber vom Kunstmuseum in Ahrenshoop und in mein zu Hause auf Zeit verliebe ich mich sofort. Es sieht ganz genauso aus wie auf den Fotos, es ist alles da was man braucht, vom Balkon hat man einen tollen Blick auf den Saaler Bodden und das Hotel ist direkt am Strandaufgang 13.

Bevor ich einkaufen fahre mache ich mich erst einmal auf den Weg „Zum hohen Ufer“ und genieße vom Hochufer aus den ersten Blick aufs Meer seit New York. Fantastisch.

Nach ein bisschen rumlümmeln am Strand und einem kleinen Spaziergang fahre ich noch schnell in Wustrow einkaufen, koche etwas und lasse den Abend gemütlich ausklingen.

Obwohl ich eine komplett ausgestattete Küche habe, habe ich mich Samstag und Sonntag für ein Frühstück in Malchen’s Café entschieden, welches ebenfalls von Familie Saatmann betrieben wird. Urgemütlich, richtig lecker, genau die richtige Entscheidung! Mein erster Weg nach dem Frühstück führt mich nach nebenan in den Fahrradverleih, um mit dem Fortbewegungsmittel der Wahl die Umgebung zu erkunden – da unterscheiden sich Nord- und Ostsee nicht. Weil mir der Sinn nach Neuem steht und ich das schon lange mal ausprobieren wollte, miete ich für zwei Tage ein E-Bike.

Was soll ich sagen, das macht schon ziemlich viel Spaß! Man fährt ganz normal und muss sich auch anstrengen, ist aber einfach mal viel viel schneller als üblich. Zum Fahren und Gucken ist das für mich erst einmal zweitrangig, aber den Gegenwind auf dem Deich strampelt man so viel entspannter weg.

Nach einer Runde durch Ahrenshoop fahre ich am ersten Tag zum Weststrand, durch den Darßwald zum Leuchtturm und wieder zurück.

Total faszinierend ist für mich, dass der Wald direkt an den Strand grenzt. So als käme hinter den Süchtelner Höhen direkt das Meer (das wär doch was). Im Wald ist es ziemlich sumpfig und es bieten sich alle paar Meter wunderschöne Aussichten.

Das Wetter spielt auch einigermaßen mit und der Tag vergeht schneller als gedacht.

Abends gehe ich auf ein Konzert von Lutz Gerlach und Ulrike Mai mit einigen bekannten aber auch vielen neuen Liedern. Anlässlich des 125-jährigen Jubiläums der Künstlerkolonie Ahrenshoop werden Stücke dort schaffender Künstler vorgestellt und teilweise neu interpretiert. Wir singen sogar alle gemeinsam… Neben einem schönen Einstieg in die Geschichte und einer Idee für die Stimmung des ehemaligen Fischdorfes lerne ich, warum die Nationalhymne der DDR vielleicht auf amerikanischem Notenpapier komponiert wurde….

Der Sonntag beginnt leider kalt und verregnet, aber ich spaziere direkt nach dem Frühstück ein paar Stationen des neu angelegten Künstlerpfades ab und mach es mir danach erst einmal mit meinem aktuellen Buch gemütlich.

Nach dem Mittagessen kommt dann wie bestellt die Sonne raus und ich fahre in die andere Richtung als Samstag, nämlich zur Seebrücke nach Wustrow.

Dort sitze ich ziemlich lange in der Sonne, genieße den Tag und wage mich sogar mit den Füßen ins Wasser.

Abends mache ich mich auf den Weg zurück, immer am Hochufer entlang, gebe mein Fahrrad zurück und gucke Tatort – was auch sonst ;).

Am Montag geht es schon wieder zurück tief in den Westen. Nachdem ich den Wagen zurückgegeben habe verbringe ich ein paar Stunden in Rostock – sehr schön restaurierte Altstadt.

Leider muss ich dann feststellen, dass mein Zug ausfällt (ach Bahn) und entscheide mich spontan über Berlin zurück zu fahren. Erfahrungsgemäß bleibt man besser ständig in Bewegung, als auf einen Zug zu warten, der dann ggf. wieder doch nicht kommt, auch wenn das einen kleinen Umweg bedeutet.

Jetzt sitze ich also im ICE und schreibe endlich mal wieder was. Obwohl auf mimamaike.com so lange nichts passiert ist, kommen jeden Tag immer noch ein paar Leute aus den verschiedensten Ländern auf meinen Blog. Ziemlich faszinierend und wenn ich dem ein oder anderen bei der Reiseplanung oder anderen Themen einen Tipp geben konnte, freut mich das sehr. Es ist sogar eine Redakteurin der Wirtschaftswoche auf mich aufmerksam geworden. Demnächst wird ein kleines Interview mit mir veröffentlicht werden. Sollte ich die Möglichkeit haben, werde ich natürlich den Link posten.

Tja, Fischland und ich haben einen richtig guten Start erwischt. Mir hat es rundum gut gefallen und der nächste Urlaub dort ist schon geplant. Ich werde bestimmt wieder berichten und vielleicht passiert vorher ja noch das ein oder andere Spannende, wovon ich hier erzählen könnte…ich freu‘ mich schon drauf!

 

Master of Staring

Auf’s Meer starren könnte ich ja auch professionell machen, das ist mir spätestens hier klar geworden. Geahnt hatte ich das allerdings schon länger.

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Den Ausblick aus meinem Cottage kennt Ihr ja schon, das geht dann natürlich beim Frühstück so weiter, so allgegenwärtig wie das Meer hier glücklicherweise ist.

So richtig habe ich mich mit dem Thema Meditation noch nicht auseinander gesetzt, aber für mein Verständnis spielen die Schlüsselwörter „hier, jetzt, gut, zulassen“ eine wichtige Rolle und ein „Flow-Gefühl“. Letzteres habe ich wenn es richtig gut läuft beim konzentrierten Arbeiten und manchmal beim Schwimmen. Hier habe ich das quasi ständig, wenn ich auf’s Meer gucke. Als würde mich irgendetwas in seinen Bann ziehen. Da kann das Buch noch so spannend und das Essen noch so lecker sein – ich sehe das Meer, grinse, verliere mich und zack ist ’ne Viertelstunde um. Einfach super.

Jetzt war ich natürlich schon oft am Meer, aber so extrem hatte ich das noch nie. Was vielleicht dazu beiträgt ist einfach die Stimmung hier auf den Inseln – tiefenentspannt beschreibt diese nur rudimentär. Die Thais sind (bis auf ganz wenige Ausnahmen) unglaublich freundlich, herzlich, hilfsbereit und dabei auch noch witzig.

Kleines Beispiel: Ich habe vorgestern beim Essen im Dorf ein junges Pärchen aus Kasachstan kennengelernt, die hier ihre Flitterwochen verbringen. Neben wirklich abgefahrenen Hochzeitsfotos und der erneuten Erkenntnis, dass ein Deutscher  Reisepass ein unschätzbares Gut ist, haben wir ganz herzlich zusammen gelacht. Die beiden wollten gerne Brot zu ihrem Abendessen dazu haben. Das kennen Thais so nicht. Leider hatte ich mein Ohne-Wörter-Buch nicht zur Hand, aber gemeinsam konnten wir uns verständlich machen. Zum Brot kam dann ganz selbstverständlich Butter, Erdbeermarmelade und Erdnussbutter dazu. Großartig.

Kleines Beispiel 2, ohne Worte:

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Ein weiterer die Entspannung fördernder Aspekt ist, dass sich hier quasi alles barfuß abspielt. Sobald man ein Gebäude betritt – Supermarkt, das Frühstücksrestaurant hier – Schuhe (also Flip Flops) aus. Nach meinem Zwischenstopp in Seoul nächste Woche bin ich noch einmal etwas über zwei Wochen auf Inseln unterwegs. Ich werde das Gesamtgefühl mal weiter beobachten und versuchen etwas zu definieren, was ich in den Alltag mitnehmen kann – wobei ich nicht barfuß im Büro rumlaufen werde 😛 …

Von meinem Hotel bin ich nach wie vor richtig angetan, auch wenn mich die Tore immer ein wenig an Jurassic Park erinnern.

Die Anlage ist wirklich gepflegt und sehr schön.

Zudem gibt es hier einen eigenen Gemüseanbau und vermutlich ziemlich viele Arbeitsplätze für die Region.

Mein Lieblingsplatz tagsüber ist bis jetzt erstaunlicherweise der Pool.

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Auch von hier hat man eine fantastische Aussicht auf’s Meer (natürlich), es weht immer ein frischer Wind, es gibt Liegen und vor allem Sonnenschirme, dafür keinen lästigen Sand und man kann halt mal eben in den Pool hüpfen und sich abkühlen. Seit ich auf Koh Tao tauchen war und Jeremy oder Balu uns bei jedem Tauchgang ein neues Lebewesen gezeigt haben, was einen umbringen oder einem zumindest ziemliche Schmerzen zufügen kann, bin ich auf schwimmen/planschen im Meer ohne Shorty nicht mehr so scharf. Zum Stichwort Tauchen – ich hätte hier gerne weitergemacht, aber die Tanote Bay war in der Tat schon der goldrichtige Platz dafür. Ausflüge ab hier, meist nach Koh Tao, sind sogar für Thailand unverhältnismäßig teuer. Ich setze hier also erst mal aus.

Bei der Aussicht überall eigentlich logisch: man muss hier natürlich auch irgendwie vom Pool oder Cottage runter ans Meer kommen, allerdings hat hier jemand Wege gebaut, der sich damit auch auskennt und die auch Menschen nutzen können, die mehr als 50kg wiegen – nicht so wie im Shining-Hotel.

Neben ein paar Hotelanlagen gibt es hier in der Bucht auch so etwas wie ein Dorf oder zumindest eine Straße mit Restaurants, Geschäften und „Tankstellen“. Das ist im Vergleich zur Tanote Bay schon verdammt viel und abends ist es richtig voll und sehr schön beleuchtet.

So ist das hier zumindest ein kleiner Einstieg zurück in die Zivilisation als Vorbereitung auf meine Weiterreise heute in einer Woche.

Weil die kommende Woche sich hoffentlich nicht großartig von dieser unterscheiden wird, wollte ich Euch in den nächsten Tagen mal ein bisschen was über die Sachen erzählen, die ich mitgenommen habe und was sich als gute Praxis beim Packen etc. etabliert hat. Mal sehen, ob ich bei dem ganzen auf’s Meer starren dazu komme :).